BAUJAHR: 1895
ANGESTELLTE: 1500
LIQUIDATION: 2004

DENKMALSCHUTZ: Altbau

 

Als einer der ersten Maschinenbauer von Chemnitz gründet 1811 Johann Samuel Schwalbe als Zimmerer einen Handwerksbetrieb für die Fertigung von Krempel- und Spinnereimaschinen. Durch die Kontinentalsperren können die ansässige Textilindustrie in dieser Zeit nicht auf englische Maschinen zurückgreifen und so waren notgedrungen die Spezialisten in Chemnitz gefragt. Dieses neue Potential entdeckt Schwalbe began sich in den neuen Markt zu etablieren. Ab 1954 kommen zudem neue Maschinen für das Brauerei- und Mälzereiwesen hinzu, ebenso eigenentwickelte Dampfmaschinen und Wasserturbinen für den Energiehunger der in Sachsen immer stärker wachsenden Fabriklandschaft. Mit dem Jahr 1874 firmiert das Schwalbe-Unternehmen zu einer Aktiengesellschaft und wird nun erstmals als "Maschinenfabrik Germania AG, vormals J.S.Schwalbe & Sohn" geführt.

Ab 1886 kommen zum Fertigungsportfolio unter eigenem Patent Eis- und Kühlmaschinen hinzu. Auch hier geht das Unternehmen einen neuen Trend nach und festigt sich in einem neuen Markt. Diese breite Produktpalette ist für ein Unternehmen dieser Zeit nicht selten, aber es sichert so auch bei Germania oftmals das Überleben in Krisenzeiten. Bricht ein Absatzmarkt ein, beispielsweise durch Rohstoffverknappung der Abnehmerindustrie, so kann man sich auf eine andere Produktsäule mit einem komplett anderen Kundenkreis stützen und ist so unabhängiger vom den Weltmärkten. 

1895 beginnt man in der Germania auch erstmals mit der Fertigung von Behältern für den Anlagenbau, ein neuer Produktkreis, welcher einhundert Jahre das Unternehmen prägen wird. Zur selben Zeit wird im Stadtteil Altchemnitz die neue Kesselschmiede gebaut, der neue Firmensitz ist ausgeführt in den modernsten Methoden des Fabrikbaues der Jahrhundertwende. Es ist die erste goldene Ära des Unternehmens, die Germania expandiert enorm stark und zahlreiche Auszeichnungen jener Jahre demonstrieren die hervorragende Qualität der Chemnitzer Maschinenbauer. Nach und nach gewinnt das Unternehmen auch ein gewisses Monopol in der Stadt an sich zu reiß, so übernimmt man unteranderem die Dampfkessel- und Dampfmaschinenabteilungen der Firmen "Sächs. Maschinenfabrik vorm. R.Hartmann AG" und "Hermann Ulbricht".

Verwaltungs- & Ingenieursgebäude der Germania Maschinenfabrik
Verwaltungs- & Ingenieursgebäude der Germania Maschinenfabrik

Mitte der dreißiger Jahre konzentriert sich die Fertigung aber immer mehr in Richtung Weltkrieg, mit dem Jahr 1937 tragen nun auch Werkzeugmaschinen den Namen "Germania", es ist ein Drängen der politischen Führung einen unterbesetzten Markt rüstungsgerecht aufzufüllen. Mit dem Kriegsausbruch beginnt auch in Altchemnitz endgültig die Rüstungsproduktion. 1942 stößt man den Geschäftszweig Dampfmaschinenbau an die "WUMAG Görlitz" ab und konzentriert sich weiterhin auf den Bau von Dampfkessel. Mit den Bombenangriff der Alliierten wird das Hauptwerk 1945 komplett zerstört.

Nach dem Kriegsende werden große Teile der Produktionsanlagen demontiert und in die Sowjetunion verlagert, die Aktiengesellschaft selbst wird aufgelöst und in Volkseigentum überführt. So entsteht 1946 der "VEB Germania Chemnitz". Es folgt 1949 die Eingliederung in den "VVB NEGEMA Dresden". Mit der neuen Anpassung an das sozialistische Wirtschaftssystem folgt auch eine Umstrukturierung der Germania in Chemnitz. Die Produktion von Kältemaschinen wird ab 1951 schrittweise an den "VEB DKK Scharfenstein" abgegeben und die Fertigung von Kesselanlagen der unterschiedlichsten Ausführung als "VEB Germania" spezialisiert. 

Mit der Neugründung der Kombinate im DDR-Wirtschaftssystem folgt die Angliederung des "VEB Germania Karl-Marx-Stadt" an das neue Kombinat "VEB Chemieanlagenbaukombinat Maschinen- und Apparatebau Leipzig/Grimma" im Jahr 1970. In der Kesselschmiede in Altchemnitz werden so größtenteils Kesselanlagen für die Chemie- und Erdölindustrie gefertigt, ab Mitte der 1970er Jahre auch wieder für das Braurereiwesen. Die Produkte der Germania sind immer noch eine Qualitätsmarke und so ist der Kundenkreis sehr international ausgerichtet. Auch einige Abnehmer im nichtsozialistischen Ausland beziehen ihre Kesselanlagen aus dem DDR-Betrieb. 

Mit der deutschen Wiedervereinigung beginnt die Privatisierung der Germania und damit ein langer Leidensweg der Chemnitzer Anlagenbauer. Es entsteht die "Germania GmbH", die Ingenieurabteilung des Unternehmens wird dabei herausgelöst und von der "Lurgi AG" übernommen. Unter der Leitung des Frankfurter Konzerns wird die Germania rationalisiert und auf Anlagen für die Pharma- und Lebensmittelindustrie spezialisiert. Um das Jahr 2004 versucht darauf der Mutterkonzern "Lurgi AG Frankfurt" das Chemnitzer Unternehmen wieder abzustoßen und treibt es so fast in die Insolvenz. Nach langen Verhandlungen wird der Betrieb durch neue Investoren übernommen und als "Chemieanlagenbau Chemnitz GmbH" neu aufgestellt. Der Mut der Chemnitzer zahlt sich aus, in den Folgejahren kann sich das neue Unternehmen etablieren und stetig ausbauen. Heute fertigt man in alter Tradition mit ca. 250 Mitarbeitern am alten Standort in Altchemnitz. Doch die Wunden der Nachwendejahre sind am Werksgelände noch tief sichtbar. Dort wo keine kleineren Unternehmen sich eingemietet haben, dort nagt der Verfall an der Gebäudestruktur mit einer ungewissen Zukunft.

 

 

Quelle: Sächsisches Staatsarchiv Chemnitz

     "Geschichte der Maschinenfabrik Germania vorm J.S.Schwalbe & Sohne Chemnitz 1811-1911"  

     Chemnitz, 1911


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